Draugeschichten

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Draugeschichten

Beitrag von Oze147 » 26.12.2017, 15:32

Über die Jahre hinweg durfte ich viele langgediente Fischer kennenlernen und manche von ihnen erzählten mir einige ihrer Geschichten über die Drau, ihre Nebengewässer und ihre Erlebnisse mit diesem schönen Fluss. Es wäre allerdings schade, wenn diese Erzählungen und Anekdoten verloren gehen würden, denn ich selbst habe schon wieder mindestens so viele von ihnen vergessen wie die, an die ich mich noch erinnern kann. Deshalb habe ich mir als Ziel gesetzt in nächster Zeit zumindest ein paar dieser Geschichten aufzuschreiben und hier mit euch zu teilen.
Also viel Spaß!

Eines muss ich allerdings noch voran stellen:
Ich habe mich dazu entschlossen die Namen der Protagonisten in diesen Erzählungen nicht wahrheitsgetreu wiederzugeben bzw. wenn es geht ganz darauf zu verzichten, einfach aus dem Grund, da manche Aktionen auch damals die Bestimmungen und den Begriff „Waidgerechtigkeit“ wohl mehr als gebeugt haben. Und obwohl manche der Angler um die es gehen soll mittlerweile schon verstorben sind und die Verjährung auch vieles schon weg- und reingewaschen hat, möchte ich vermeiden, dass die Herren, die so nett waren mir diese Geschichte weiterzuerzählen sich rückwirkend mit irgendwelchen Anschuldigungen konfrontiert sehen.

„Host gheart, da Bua vom Peta foaht ons Meer!“

Für jemanden der sich in der Gegend um Villach etwas auskennt ist es heutzutage ein Leichtes in kurzer Zeit von einem schönen Gewässer, nämlich dem Ossiacher See, zu einem anderen, nämlich der Gail zu gelangen. Mittlerweile gibt es eine Umfahrungsstraße, die am Villacher Stadtrand genau diese beiden Gewässer verbindet und auch viele Gastangler werden diese Strecke kennen, liegen doch zwei bekannte Villacher Angelsportgeschäfte in der Nähe dieser Umfahrung.
Wenn man also vom See über Landskron fährt und dann bei der noch gar nicht so lang bestehenden Brücke in Magdalen die Drau überquert ist man auch schon in Maria Gail, wo etwas unterhalb die Gail am Gailspitz in die Drau einmündet. Auf dieser Fahrt durchquert man den Stadtteil Seebach, der so manchem vor allem wegen der dort befindlichen Pionierkaserne ein Begriff ist. Seebach hat seinen Namen von eben besagtem Bach, der sich als Ausfluss des Ossiacher Sees durch die Landschaft schlängelt und ebenso wie die Gail in die Drau mündet und zwar eben bei der Brücke bei der man die Drau überqueren muss wenn man noch weiter zur Gail möchte.
Dieser Bach beherbergt natürlich auch Fische, doch während heutzutage vor allem der Oberlauf ein Lebensraum für diverse Fischarten ist, die ihren Weg vom Ossiacher See in den Seebach finden war Mitte der 60er der Unterlauf und speziell sein Einlauf in die Drau als reicher Fischgrund bekannt. Viele Nasen und Barben, aber auch vereinzelt Forellen und Äschen waren die Beute der Angler. Diesem Fischreichtum war es zu verdanken, dass auch immer wieder starke Räuber ihren Weg in den doch recht schmalen Bach fanden und von den dortigen Anglern, meist mit wachsender Verzweiflung befischt wurden.
So kam es, dass eines Tages ein junger Lehrling von der Böschung aus ein paar älteren Fischerkollegen dabei zusah, wie sie versuchten einen kapitalen Hecht zum Anbiss zu verleiten. Lebende und tote Köderfische und Fischfetzen wurden Meister Esox ohne Erfolg vorgesetzt. Einer der Herren besaß sogar eine Schachtel mit teuren Blinkern, die an dem Fisch, natürlich unter fachkundigen Zurufen der Kollegen, links und rechts, oben und unten vorbeigezogen wurden. Dies alles lies den Lehrling auf seinem Beobachtungsposten an der Böschung ziemlich kalt, hatte er den Hecht doch schon ein paar Tage vorher entdeckt und sein Glück dabei versucht ihn zum Zubeißen zu bringen. Gut, Blinker besaß der junge Mann natürlich keine, aber ein Fisch, der ein 20cm langes, lebendiges Rotauge verschmäht, der beißt auch nicht in ein Stück Blech.
Gedankenverloren schwang sich unser Angler auf sein Rad um an der Drau entlang die Heimfahrt anzutreten, in Gedanken immer noch bei dem großen Fisch, der weiterhin seine Kreise in dem Tumpf am Einfluss zur Drau zog. Eine Lösung musste her, denn niemand konnte garantieren, dass der Fisch nicht doch wieder dahin verschwand, wo er hergekommen war und wenn dann in den nächsten Tagen vielleicht auch noch schlechtes Wetter einsetzte und der Bach anschwoll, dann war der Hecht sicher auf Nimmerwiedersehen wieder in der Drau verschwunden.
Und während er radelte kam ihm auch eine Idee, die er für sich selbst als so gut befand, dass er anstatt nach Hause in Villach in die Bahnhofsstraße einbog. Dort befand sich in diesen Tagen der „Sport Russ“, ein Sportgeschäft, dass auch Angelsachen führte. Dieses Geschäft gibt es nun wohl schon 20 Jahre nicht mehr, aber wenn man mal in der Nähe von Villach mit einem älteren Sportfreund in Kontakt kommt, darf man sich nicht wundern, wenn auf einer Box oder einer Rute immer noch der unverwechselbare Aufkleber eben jenes Geschäfts zu finden ist.
Wie dem auch sei, unser Lehrling begibt sich also ins Geschäft und verlangt vom Verkäufer drei Drillinge, und nein, nicht irgendwelche Drillinge sondern die größten und schwersten, die der Verkäufer auftreiben kann. Nach kurzer Sucherei präsentiert der Verkäufer drei riesige Drillinge für die Meeresangelei, jeder fast so groß wie eine Handfläche. Die seien gerade recht, meint der junge Angler und bezahlt ohne zu zögern die nicht gerade billige und auch sehr ungewöhnliche Ware. Aber irgendwas kommt dem Verkäufer doch spanisch dabei vor und er fragt nach, was denn sein Kunde mit diesen ankergleichen Angelhaken vorhabe. Nun zwar etwas in Erklärungsnot, aber vor allem frech und abgebrüht, sagt dieser, dass das ja sonnenklar sei: er mache bald Urlaub am Meer und da brauche man halt sowas. Und bevor der Verkäufer drüber nachdenken kann, wie wahrscheinlich diese Lügengeschichte ist, ist unser Lehrling schon bei der Tür draußen und schlägt mit dem Rad den Weg zurück zum Seebach ein.
Dort angekommen stellt er mit Befriedigung fest, dass die anderen Angler bereits das Feld geräumt haben und wenige Augenblicke später hat er auch den großen Hecht wieder entdeckt, der noch immer fast an der gleichen Stelle im Wasser steht.
Mit fliegenden Fingern knüpft unser Angler jetzt eine Schlaufe in die Angelschnur, in die er die großen Meeresdrillinge fädelt. Ein gezielter Wurf, ein kräftiger Ruck und am Ende der Schnur tobt der große Fisch- von außen aufgespießt an den Meereshaken, denn für nichts anderes waren die Haken gedacht gewesen.
Wir ersparen uns den Rest von Drill und Heimfahrt und dem großen Hallo, als der kapitale Fisch bei der Großmutter in der Küche landete. Vielmehr wollen wir noch eine Sache festhalten, nämlich dass wenn die Welt ein sprichwörtliches Dorf ist, dann galt dies für Villach in den 60ern noch viel mehr. Nicht anders ist es nämlich zu erklären, dass es noch Wochen später in der Siedlung nur ein Gesprächsthema gab: „Host gheart, da Bua vom Peta foahrt ans Meer!“

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Re: Draugeschichten

Beitrag von Kaindlau » 27.12.2017, 12:39

Servus @Oze147

Danke Oze, Super Idee und eine feine Geschichte hast du uns da serviert :up2:Ein Schelm der dabei denkt der junge Oze war der Hechtfänger :mrgreen:
Ich hoffe es folgen noch weitere solche "Gschichtl`n "

Ich denke überhaupt das die älteren von uns (genau so wie ich) die schon ein paar Jahrzehnte der Fischerei nachgehen, eine Menge zu erzählen haben.
Ja, und vielleicht gebe ich mir einen Ruck und werde auch einmal meine Donaugeschichten zu besten geben.
Wer weiß, vielleicht ist das der Beginn einer neuen Serie, und wir machen einen eigenen Tread daraus.

Petri aus Enns
Der vielleicht letzte klassische Ansitzangler Österreich`s
http://spazio3.com

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Re: Draugeschichten

Beitrag von Oze147 » 27.12.2017, 14:05

Kaindlau hat geschrieben:Servus @Oze147

Danke Oze, Super Idee und eine feine Geschichte hast du uns da serviert :up2:Ein Schelm der dabei denkt der junge Oze war der Hechtfänger :mrgreen:
Schön, dass es dir gefällt!
Und nein, zu der Zeit war ich noch nicht mal der erotische Gedanke meiner Eltern :mrgreen:

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Re: Draugeschichten

Beitrag von Oze147 » 28.12.2017, 08:09

“Das Fischen mit Käse und jeglichen Imitationen….”

Während viele Angler heutzutage die Drau in ihrem Oberlauf mit toller Äschen- und Huchenfischen verbinden, ist den wenigsten bewusst, dass diese Fänge nur ein Abglanz dessen sind, was früher an diesem Gewässer möglich war. Ohne Zweifel wurde hier mit dem Abschluss der Bauarbeiten der Kraftwerksketten in Mittelkärnten eines der produktivsten und schönsten Gewässer Europas unwiederbringlich zerstört.
Doch auch damals, noch vor dem Bau des Villacher Kraftwerks Anfang der 80er, war bei weitem nicht alles eitle Wonne.
Vor allem einen gewissen Aufsichtsfischer plagten Sorgen, die ihn Nachts wach hielten, hatte er doch über Umwege erfahren, dass im Hinterzimmer eines bekannten Villacher Gasthofes ein schwungvoller Handel mit Forellen und Äschen aus seinem Revier stattfand. Natürlich wusste er auch ganz genau, wer für diesen Umstand verantwortlich zu machen war, denn das verdächtige Trio, bestehend aus Onkel und seinen beiden Neffen, war dafür bekannt, dass es es mit den Bestimmungen, die fein säuberlich in der Angelkarte abgedruckt waren, nicht sonderlich genau nahm.
Vorsichtigen Schätzungen zu folge, ging das ganze so weit, dass die drei Missetäter gemeinsam wohl um die 1000 Äschen pro Saison fingen und dann für gutes Geld verkauften. Eine Zahl, bei der unserem Aufseher regelrecht schwindlig wurde und bei der eines immer klarer wurde: Diesen Burschen musste das Handwerk gelegt werden.

Hierbei sei ein kleiner Einschub erlaubt. Obwohl die Drau damals Unmengen an Fischen beherbergte, waren Ausfänge von 300 Fischen pro Angler und Saison bei weitem nicht alltäglich. Vielmehr war es so, dass die Bestimmungen damals um einiges strenger waren als heute und die Angelei in diesem Revier nur mit Kunstfliegen oder tierischen Naturködern, also zum Beispiel Steinfliegenlarven oder Würmern, erfolgen durfte. Es herrschte ein striktes Anfütterverbot und vor allem das Fischen mit Dosenmais und Käse war explizit in den Bestimmungen verboten worden, denn es war damals kein Geheimnis, dass vor allem die unvorsichtigen Äschen sich mit Vorliebe auf kleine Käsewürfelchen stürzten, die ihnen am feinen Vorfach mit kleinem Schwimmer angeboten wurden.

Auch unserem Aufsichtsfischer war diese Tatsache wohl bekannt und in seinen Augen auch der Ursprung dafür, dass oben erwähntes Trio ihm sein Revier ausräumte. Ohne Beweis allerdings war gegen die Übeltäter nichts auszurichten und so legte er sich auf die Lauer. Doch es war wie verhext, er kam zu spät oder zu früh, war am falschen Platz oder zur falschen Zeit am Gewässer. Dies ging nun schon seit einigen Wochen so und immer rutschten die drei ihm durch die Finger.
Doch an diesem Tag sollte es klappen.
Schon von weitem hatte er einen von den dreien ausgemacht und ein kurzer Blick mit dem Fernglas machte klar, dass die verräterischen Bewegungen und die kleinen hellgelben Dinger am Ende der Angelschnur nur eins bedeuten konnten. Hier wurde mit Käse gefischt- verbotener Weise versteht sich.
Wie ein Indianer schlich sich nun der Aufseher an, um sich plötzlich hinter dem Beschuldigten zu materialisieren und mit schneidender Stimme zu verlangen, dass dieser doch bitte sein Angelzeug aus dem Wasser ziehen solle. Ganz langsam natürlich, damit das corpus delicti nicht doch noch durch einen hektischen Ruck vom Haken fallen konnte.
Und da kam es auch schon unter der Wasseroberfläche hervor. Klein, gelb, gewürfelt-KÄSE!!!
Er sei ertappt hieß es nun, ganz klar, die Karte sei abzugeben, der Vereinsausschluss nur mehr Makulatur und eine saftige Geldstrafe auch im Bereich des Möglichen. Doch der Bursche sträubte sich, er habe nichts Verbotenes getan, ja sogar mit einer Kunstfliege gefischt, was doch das sportlich wertvollste sei.
Also eine Frechheit sei das, ereiferte sich der Aufseher, Kunstfliege, da könne ja jeder kommen und blind sei er auch nicht, denn das Käsestück könne ja jeder sehen.

Der Aufsichtfischer verstummte jäh, als plötzlich ein kleines Würfelchen vor seinen Augen baumelte und der Bursche in die Tasche griff und weitere gelbe Würfelchen herausholte, die er sorgsam geschnitten hatte und zwar aus einer alten, leicht gelben Schaumstoffmatratze.

Langsam schlich der Aufseher von dannen und zwar durch den selben Maisacker, den er bei seiner Annäherung als Deckung benutzt hatte und dessen wippende Spitzen auch diesmal verrieten, dass sich da irgendwer im Acker bewegt. So sah er auch nicht, dass der Bursche sich mit breitem Grinsen wieder zur Drau drehte und in seine andere Westentasche griff, wo sich viele, fein säuberlich geschnittene Käsewürfel befanden.

Übriggeblieben sind von dieser Episode zwei Dinge. Erstens ein schwer geschlagener Fischereiaufseher und zweitens eine Bestimmung die noch lange danach im Fangbuch zu finden war, denn nur wenige Tage später flatterte den Vereinsmitgliedern per Post folgendes ins Haus :” Das Fischen mit Käse und jeglichen Imitationen ist ganzjährig verboten. Zuwiderhandlung wird sofort zur Anzeige gebracht - Der Vereinsvorstand”.

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Re: Draugeschichten

Beitrag von Oldman » 28.12.2017, 11:09

Hallo Oze 147!
WErst einmal Danke für die schönen Geschichten :up2: :up2: :up2:

Evtl. könnte man ja die Überschrift ändern von Draugeschichten in Drau-und andere Geschichten. So könnten evtl. noch einige Andere dazu kommen.
Gruß Oldman
wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fisch gefangen ist,
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Re: Draugeschichten

Beitrag von Jan Age » 28.12.2017, 20:17

Danke für die schönen Geschichten! Ich freu mich auf weitere!
LG und tl,
Jan Age


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Re: Draugeschichten

Beitrag von Oze147 » 29.12.2017, 10:48

Schön, dass es euch gefällt!
Oldman hat geschrieben:Evtl. könnte man ja die Überschrift ändern von Draugeschichten in Drau-und andere Geschichten. So könnten evtl. noch einige Andere dazu kommen.
Ja, von mir aus kann jeder seine Geschichterln beisteuern, wenn wer was zu erzählen hat, dann nur her damit! :D

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Re: Draugeschichten

Beitrag von ubik » 29.12.2017, 11:48

Auch ich Danke für die schönen Angelgeschichten. Freu mich schon auf die nächste.

greez ubik

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Re: Draugeschichten

Beitrag von Oze147 » 06.01.2018, 10:55

Die Liebe zum Zopf

Wenn man heutzutage einen Fischer fragt, was er mit der Drau verbindet, dann wird man von vielen die Antwort “Huchenfischen” bekommen, ist die Drau doch seit jeher für die gewaltigen Huchen bekannt, die in ihr wohnen und obwohl mittlerweile andere Flüsse der Drau den Rang als Nummer 1 Huchenfluss abgelaufen haben, ist es wohl noch immer so, dass die größten und schwersten Fische wahrscheinlich irgendwo unter irgendeinem Kraftwerk an der Drau ihre Kreise ziehen.

Was aber bis heute gleich geblieben ist, ist die Tatsache, dass das Huchenfischen teils sehr eigentümliche Charaktere hervorbringt und in einer Gemeinschaft, die sowieso eine gewisse Anziehungskraft für Verrückte hat als eigentümlich zu gelten, sagt viel über den Personenkreis der Huchenfischer aus.
Vielleicht sind aber dafür auch solche Geschichten wie die folgende verantwortlich:

Viele Spinnangler haben einen Lieblingsköder. Meistens ist es der, der einem überdurchschnittliche viele Fische oder vielleicht einen besonders großen Räuber gebracht hat. Beim Protagonisten unserer Geschichte war es ein Huchenzopf dem seine Liebe galt. Man weiß zwar nicht ob es nun daran lag, dass er mit diesem einen Zopf sehr viele Fische gefangen hatte, oder ob es einfach darum ging, dass das Geld knapp und Angelzeug seit jeher teuer war, Fakt ist jedoch, dass der Verlust dieses einen Köders dem Weltuntergang gleichgekommen wäre.
Dabei machte der Köder gar nicht mehr viel her, denn glaubhaften Berichten zufolge, war die Bleikappe schon angelaufen und verbeult, die Drillinge schon mehr rostig als brüniert und vom Fransenbüschel aus Leder waren gerade noch drei Fäden übrig geblieben, aber trotzdem würde der Köder noch immer ausdauernd gefischt.
Nun besagt das Lehrbuch, dass die Lebensdauer eines Huchenköders wohl eher in Stunden als in Tagen gezählt werden muss, da das grundnahe Fischen an den guten Plätzen dafür sorgen kann, dass oft schon nach wenigen Würfen ein Köder für immer am Gewässergrund geparkt wird.
Ob das so sein muss oder nicht, steht auf einem anderen Blatt, trotzdem ist es bemerkenswert, wie lange der Zopf unseres Fischers diese gefährliche Fischerei überlebt hatte.
Dies ist vor allem auch dem Umstand zu verdanken, dass sich unser Angler nicht scheute, sich bei Minusgraden splitternackt auszuziehen und bis zur Brust in der reißenden Strömung zu waten, mit den Füßen nach seinem Zopf zu tastend, bis er ihn doch wieder irgendwie vom Grund befreit hatte. Oder auch viele Kilometer zu laufen um den Fluss an einer Brücke zu überqueren, dann auf der anderen Seite den ganzen Weg zurück um mit dem Taschenmesser einen kleinen Baum zu fällen in dessen Zweigen sich der Köder verfangen hatte.

Die Nachbarin des besagten Sportsfreunds berichtet glaubhaft, dass eines Tages, als sie bei seiner Frau zum nachmittäglichen Kaffee eingeladen war, plötzlich die Tür aufflog und der Hausherr ohne zu grüßen hereingestürmt kam, nur um auch gleich wieder durch die Hintertür im Garten zu verschwinden. Dort hörte man für ein paar Minuten ein Rumoren und Radauen bis unser Huchenangler, natürlich wiederum ohne eine Wort an Frau oder Gast zu verlieren, mit zwei Bohnenstangen (oder für die Kärntner “Bohnenrachalen”) unterm Arm zurückgehastet kam, diese aufs Autodach schnallte und wieder davonrauschte.
Er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, Hintertür, Haustür oder Zauntor zu schließen.

Der Ablauf der nächsten Stunden ist widersprüchlich überliefert, man ist sich allerdings einig, dass der Lieblingszopf wohl irgendwo am Grund oder in einem Baum verhängt war und die Bohnenstangen dazu dienten den Köder wieder zu lösen. Was wir allerdings wissen, ist dass der Huchenangler am selben Abend wieder daheim war und vor sich am Esstisch lag sein Zopf, den er geradezu mit liebevollem Blick ansah.

Böse Zungen behaupten, dass er seine Frau nie so angesehen habe.

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Re: Draugeschichten

Beitrag von korsikaphil » 06.01.2018, 12:25

Haha, das kenn ich :lol: Bei mir ist das ein Renoskyshad der schon total zerbissen und zerfleddert ist und den ich unserem Nachbarn vor rd. 30 Jahren aus einer verstaubten Kiste am Dachboden stibitzt habe. Das war der einzige interessante Gegenstand in der Kiste, vielleicht wars davor schon sein Talisman den er behalten hat als er schon lange mit dem Angeln aufgehört hatte. Als Lausbub nimmt man auf sowas halt keine Rücksicht, und der gute Mann ist bald darauf verstorben.

Mit dem Shad hab ich meinen ersten Hecht und meinen dicksten Barsch gefangen, wenn der irgendwann verlustig geht dann hör ich mit dem Angeln auf, dann hat alles keinen Sinn mehr.
A float tip is pleasant in its appearance, and even more pleasant in its disappearance!

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