Da Edi

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Oze147
Huchen
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Da Edi

Beitrag von Oze147 » 20.01.2020, 15:40

Also wenn hier alle ihre Geschichten zum Besten geben, dann möchte ich euch auch von einer Ikone meiner Kindheit, die zwar noch nicht sooo lange her ist, erzählen.

Da Edi

Natürlich gab es schon in meiner Jugend die Regel, dass Jugendliche unter 14 Jahren nur im Beisein einer Aufsichtsperson….bla,bla,bla.
Meinem Kollegen und mir, war dieser Passus in der Angelkarte sehr wohl bekannt, aber gekümmert hat es uns nicht. Wir hatten unsere Jugendkarte und wir wollten angeln und nachdem keine Ermahnung der Fischereiaufseher etwas half und man uns nach eingehender Beobachtung auch zugestehen musste, dass wir schon wussten was wir taten, wurden die beiden Bubn mit ihren Fahrrädern nicht nur geduldet sondern durften sogar in Hörweite bleiben, wenn die Großen sich unterhielten.
Dabei fiel immer wieder ein Name: “Host gheat da Edi wieder an Huachn dawischt!”, oder “Gestern, wieder da Edi so a Mordsdrum Forölln!” sowie “Drei Aschn, olle über 40, da Edi!”

Kurzum, Edi war der Ronaldo der Drauangler. Jeder kannte ihn, jeder beneidete ihn und die Fische fürchteten ihn.
Einziges Manko, niemand sah ihn fischen.
Denn ebenso oft folgte auf die oben ausgesprochenen Sätze :”Mechat wissn, wo der wieder wor!”, oder “Ka Ohnung, wo a de dawischt hot!” sowie “Eigentlich hob I ihn erst beim Auto getroffen!”

Deshalb fassten mein Freund und ich den Entschluss, den Edi zu finden. Zwei Wochen lang fuhren wir in jeder freien Minute das Revier ab, aber außer mehr Geschichten war nichts zu holen, bis wir uns fast sicher waren, dass der Edi genauso echt war wie das Christkind und der Osterhase.

Irgendwann war es uns dann doch zu dumm und wir verbrachten die verblieben Ferienzeit doch lieber damit selber zu fischen als irgendeinem Phantom nachzuforschen.

Und so kam es, dass wir, ein, zwei Nachmittage später, wieder an unserem Platzerl standen und versuchten mit unseren Bolomontagen eine Forelle aus den Fluten zu zaubern. Allerdings wollte es an diesem Tag nicht so richtig laufen.
Plötzlich hörten wir hinter uns mit einem leicht slowenischem Akzent: “Grias eich Buabnen, no geht wos?”
Und als wir uns umdrehten, stand hinter uns ein kleines hutzeliges Männchen, mit einem kleinen, komplett abgewetzten Jagdrucksack auf der Schulter, einem Klappkescher, der nur mehr durch guten Willen zusammengehalten wurde, unterm Arm und einer Bolorute, deren dickster Teil so stark wie mein Unterarm war, in der Hand.

Als wir seine Frage verneinten, meinte der Besucher nur: “ Soso, soso... miasat oba wos gehn, net? Guates Platzerl, hobts do, guates Platzerl!”
“Oba ihr miasats mit ane Ohnschliafa fischen, ga? A hobts wohl ane Ohnschliafa mit, des zwa?”

Als wir beide verneinten, da wir auch nicht so genau wussten, was der alte Herr denn mit “Ohnschliafa” so genau meinte, packte dieser ein großes Einmachglas aus, in dem es von Ohrwürmern (oder Ohrenkneifern?) nur so wusselte.

“OHNSCHLIAFA Buabn, des miasts nehmen!” und ohne unsere Antwort abzuwarten, lehrte er ungefähr 20 Stück der Ohrwürmer in eine kleine Metalltabakbox und gab sie uns.
Er wartete geduldig bis mein Freund so einen Ohrwurm auf den Haken gefriemelt hatte und seine ersten Wurf damit wagte.
Der kleine Schwimmer war nach dem Auftreffen der Montage noch keinen Meter gedriftet, da wurde er schon vehement nach unten gerissen und nach einem beherzten Anhieb, tobte eine schöne Forelle in der Strömung, die nach kurzem Kampf gekeschert wurde.

Wir freuten uns natürlich riesig und als wir die Forelle im Kescher betrachteten schoß uns beiden ein Gedanke durch den Kopf. Wir drehten uns zur Böschung und riefen fast im Chor “Danke, Edi!”
Doch der war schon fast wieder verschwunden und wir hörten nur sein Kichern und ein halbslowenisches “Passt scho Buasch, passt scho!”
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Re: Wie es früher war

Beitrag von Lupus » 21.01.2020, 06:10

Tolle Geschichte !
Muss mal in meine Nymphenschachteln schauen, ob ich etwas so ähnliches wie Ohrenschlüpfer find. Ich glaube, die Pheasant Tail schaut eh ein bissl so aus .
Lg
Lupus

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Romario
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Re: Da Edi

Beitrag von Romario » 23.01.2020, 15:40

Eine wunderschöne Geschichte.
Und sehr schön auch erzählt. Als würde der alte Edi vor mir stehen ...
Und och was: der Köder beeindruckt mich :)
Ich seh immer wieder einen alten Tschechen, der, wenn er an der Thaya fischt zuerst einmal auf die Ködersuche IN die Thaya geht.
Er dreht behutsam einen Stein nach dem anderen um und klaubt Insekten, Würmer, etc. Frag mich nicht, wie er die danach anködert - aber er fischt immer mit so einem "Insektenbündel" - vielleicht irgendein Kleber??
Und er fängt net schlecht damit :)
greets

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