Der alte "Petritsch"

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GvonderRinne
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Der alte "Petritsch"

Beitrag von GvonderRinne » 18.01.2020, 10:38

Hi
Der alte "Petritsch"
Es war mitte der 1960er Jahre. Ich war ein kleiner Bub und durfte mit meinem Vater ab 10 mitfischen.
Das fischen war "schwaben" ( Maden an Schwimmermontage langsam über den Grund treiben lassen), Ort des Geschehens, die Donau zwischen Reichsbrücke und ehemaligem Getreidespeicher( heute Hotel). Dort lagen am Ufer immer Schleppkähne verankert und auf einem saß oft der alte Petritsch. Braungebrannt, mit wirrem weißen Haar und einer ölverschmierten orangen Gummijacke, welche er nur bei Sommerhitze ausgezogen hatte.
Er dürfte sich sein Wasser bei der "Bassena" am Gang geholt haben, den seine "männliche Ausdünstung" war auf Meter riechbar.
Der Schiffswart von dem Schleppkahn, war der Vater von meinem Peterl, ein gleichaltriger Bub, mit dem ich immer Koppen ( gab es damals unter den Ufersteinen in Massen ) gefangen und mit der Luftdruckpistole Ratten gejagt habe. Die ganze Gegend am Handelskai war ein Ruinenfeld, vom 2. Weltkrieg.
Der alte Petritsch fischte nur auf Barben. Seine Ausrüstung bestand aus: Ein ca. 3 Meter langer Bambusstecken zweigeteilt, eine riesige Rolle ( hat ausgesehen wie ein kleines Riesenrad ca. 30 cm Durchmesser ), darauf 40er monofiles Peril, ein rostiger Bahnschwellennagel als Bleiersatz gleich direkt eingebunden (Festmontage) und ein großer Einzelhaken, direkt auf die Hauptschnur. Köder war immer Edamer Käse ( die Kugel mit der roten Wachsschicht ).
"Da muaß i a paar scheane Barbn fangan, weil der is teia".
So saß er immer am gleichen Schleppkahn ( da kenn i schon den Grund Schotta glei nehman Steinwurf da sann de Barben ).
Die Rute stand senkrecht und er schaute nur auf die Spitze ( waßt de Glöckerln fliegen mir zu oft ins Wasser ), wenn die ausschlug, begann er schon zum kubeln. Am gruseligsten war für mich immer die Versorgung seiner Fische. Er nahm immer den "Wasserschöpfkübel" mit dem der Schiffswart das Deck schrubbte. Der war halb mit Donauwasser gefüllt. Wenn er eine große Barbe dranhatte, wurde die ausgedrllt, dann mit einem Schiffshaken ( eine Art Gaff an einer drei Meter langen Holzstange) bei den Kiemen gegafft, mit einem alten Bajonett das Genick durchgeschnitten und kopfüber in den Kübel gesteckt. Für mich war das immer der "Blutkübel der Exekutierten". Es sah schon gruselig aus, wenn die Schwänze der großen Barben aus der Blutsuppe herausschauten. Er hat sich sicher sehr viel von seinen Donaubarben ernährt ( de miassen auswassern ), aber seine Tötungsmethode war doch waidgerecht.
Einmal im Hochsommer war er länger nicht mehr da. Der Vater von meinem Peterl hat mir gesagt: Ist mit seinem Waffenrad auf der Strasse zusammengebrochen und im Krankenhaus Barmherzige Brüder nicht mehr aufgewacht.
Ein echtes Donauoriginal, aus längst vergangener Zeit.
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