Die Zanderschwemme

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GvonderRinne
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Die Zanderschwemme

Beitrag von GvonderRinne » 15.01.2020, 21:37

Servus und danke Kaindelau!

Dann werde ich mich hier auch manchmal als "Gschichtldrucker" betätigen :mrgreen:

Die Zanderschwemme oder Fischhilfe für Bedürftige

Es war zwischen 1969 und 1974. Ich hatte soeben als 14 jähriger meine erste Fischerkarte genommen und weil ich in Wien im 2. Bezirk wohnte, nahm ich mir das Revier Donaustadt. Wo in der Donau die obere und untere Grenze war, weiß ich nicht mehr genau, aber die Erzählung handelt auf der Kaisermühlenseite zwischen Reichsbrücke und Autobahntangentenbrücke.

Ich war immer sehr viel mit meinem Rad unterwegs, speziell am späten Nachmittag, nachdems die Aufgaben für die Handelsschule fertig waren. Ausserdem konnte ich - wenn ich leise war - die schmusenden Pärchen in den Bombentrichtern am Überschwemmungsgebiet in der Abenddämmerung beobachten. Für einen 15 jährigen ur spannend :mrgreen: , aber noch viel spannender war natürlich die Fischerei. So konnte ich einmal in der Abenddämmerung raubende Zander in einem Buhneneck im schottrigen Flachwasser beobachten. Am nächsten Tag war ich natürlich schon da.
Meine Ausrüstung - bitte nicht lachen- , meine 5 metrige Teleskoprute, Rolle vom AHO ( Holub Mollardgasse ein Mechaniker), bespult mit 25er Platil von DAM, 2er Einzelhaken direkt auf die Hauptschnur gebunden. Lauben hatte ich immer eingefroren und so hatte ich mir 5 mitgenommen. Hin zur Buhne und fast zur selben Zeit wie gestern waren sie da, die Zander. Das Wasser kochte richtig im Buhneneck, als der jagende Zanderschwarm in die Laubenschwärme fuhr. Schnell ein aufgetautes Lauberl genaselt ( Einzelhaken durch Unterkiefer und Nasenloch) und hinein ins Gebrodel. Erster Biß nach vielleicht 5 Sekunden, aber Schnur zu straff gehalten und wieder ausgelassen. Zweiter Biß nach vielleicht 3 Meter abtreiben, 10 Sekunden schlucken lassen ( war damals so üblich) und ein kleiner 55er gehörte schon mir. Fisch versorgt, nächstes Lauberl hinein und 2 Minuten später der nächste der gleichen Größe. Hab ich mich gefreut. Meine ersten Donauzander :P Niemand hatte mich beobachtet, darauf achtete ich immer.

In den nächsten Jahren habe ich so weit über hundert auf zwei Buhnen gefangen. Immer in der Abenddämmerung und immer nur im Juni und Juli.
Ab August waren die weg. Ich weiß nicht mehr genau, wieviele Raubfische ich damals im Jahr entnehmen durfte, aber mein Kühlschrank war bis August immer voll mit Zanderfilet und meine FreundInnen wußten schon, was es in dieser Zeit bei einem Besuch zu essen gab.

Weil ich immer mit Rucksack und Fahrrad unterwegs war, habe ich meine Fische auch immer gleich woanders an der Donau ausgenommen und Kopf und Schwanz entfernt. Dabei wurde ich einmal beobachtet. Ich sehe ihn heute noch vor mir. Dicklich und lustig, jovial und ein Dampfplauderer, mitte der 20 und nach seinem reden unglücklich verheiratet. Hatte noch nie einen Zander gefangen und hat mir einen von den 2 ausgenommenen abgebettelt.
Im zweiten Jahr waren wir so weit, das er mich angerufen hat, wenn seine Frau ihn hat fischen gehen lassen und wir haben uns dann an der auswaidestelle getroffen und er hat seinen Zander bekommen.Über 60 cm war bei diesen "Schwarmzandern " selten einer dabei, aber einmal hab ich einen ungefähr 75er erwischt, den hab ich ihm auch gegeben und seither war ich für ihn nur mehr der" Zanderspezialist von der Donau".

Der Fischreichtum in der Donau bei Wien Anfang der 1970er Jahre war - für heutige Verhältnissse - unvorstellbar groß, überhaupt an Weißfischen.Diese haben oft nach Petroleum gestunken - überhaupt die Barben - aber Zander haben gut geschmeckt.
Nach 1974 habe ich mir DOK2 und DOK1 genommen und die Aale und die großen Amurs wurden meine Lieblingsfische.
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Re: Wie es früher war

Beitrag von Lupus » 16.01.2020, 06:49

Was für tolle Geschichten zum Frühstückskaffee !

Die Trixirolle war auch mein fixer Bestandteil in der Angelausrüstung, auch die elend langen Teleskopruten. Unvorstellbar heute, mit so unhandlichen Dingern zu fischen, Dick um Handteil waren sie, zu schwabbrig an der Spitze und hundselend schwer. Ich tat damit am Donaukanal schwemmen.

Leider leider leider hatte ich damals die Donau überhaupt "gespritzt" und fischte praktisch NUR im Stürzlwasser. Daher kann ich auch nicht mit so Donauzandererlebnissen aufwarten. Zander gab es nur, wenn ich ein totes Fischl auslegte und irgendwann die Schnur lief. Aber ich war wie die meisten damals zu 90% auf Karpfen aus. Höchstens ein zweimal im Juni nach der Schonzeit legte ich als 2. Rute ein Fischl aus, oder dann im Herbst wenn "die Karpfen auf Winterschlaf gingen" wie wir damals noch naiverweise glaubten, wurde ein Fischl "gefaaadelt" und schwimmen gelassen "auf aaaan Hecht´n".

ICH MÖCHTE JETZT SCHILDERN, wie anno dazumal ein "Hechtnzeug" aussah:

Die starke Hohlglasrute war meistens mit einer großen Trixirolle und 40er Peryl bestückt. Und dann wurden vor dem dicken Hechtschwimmer 5 längliche Korkperlen auf die Hauptschnur gezogen, das waren die sogenannten "Piloten" oder "Notperlen". Heute kann man sich über dieses umständliche Zeug nur auf den Kopf greifen. Damals war man der Meinung, dass diese Notperlen die Schnur schwimmen lassen, damit der bedauerliche Köderfisch bei seinen Fluchtversuchen nach oben sich nicht um die sinkende Schnur "wickelt" und "strickt", wie man damals zynisch sagte. Von Schnurfett wußte man damals meistens noch nichts.
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Re: Wie es früher war

Beitrag von GvonderRinne » 16.01.2020, 11:12

Servus
Hihihi, ja die Korkperlen vor dem Hechtschwimmern, so hab ich nie gefischt und muß heute noch lachen.
Am Anfang meiner Militärzeit, war ich in einer Kaserne am Neusiedlersee stationiert und bin mit unserem Sanitätsunteroffizier oft in der Nacht fischen gegangen. Ich mußte dann in der Früh die Fische putzen, dafür aber viel dienstfrei.
Da haben wir oft so Zeugln von Schwarzfischern im Schilf gefunden, mit armen Hechten, welche tief geschluckt hatten.
Manche haben die Schnur auch einfach nur um einen dicken Ast gewickelt und der arme Hecht hat sich dann zu Tode gequält.
Schreckliche Zeit damals, einfach nur Fleischbeschaffung und das Leid der Fische egal.
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Re: Wie es früher war

Beitrag von Lupus » 16.01.2020, 11:28

GvonderRinne hat geschrieben:
16.01.2020, 11:12
Servus
Hihihi, ja die Korkperlen vor dem Hechtschwimmern, so hab ich nie gefischt und muß heute noch lachen.

Wie ich nicht mehr mit denen gefischt habe, habe ich sie als Schwimmer für´s Köderl-Stippen verwendet. Ich glaube, in einem alten Gerätekasten mit Glumpat was man nicht mehr braucht aber doch komischerweise nicht wegwirft, sind noch welche drinnen. Aber weil ich Räuber nicht mehr mit Köderfischen beangle, brauch ich´s nicht mehr.

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