Der Sinn des Angelns in den 60 iger Jahren

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peterben
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Der Sinn des Angelns in den 60 iger Jahren

Beitrag von peterben » 17.01.2020, 14:43

Opa-oder der Sinn des Angelns in den 60 iger Jahren..............................

Mein Opa lebte in Hohenau an der March, in jenen Jahren ein Anglerparadies, March, Thaya und damals noch sehr fischreiche Altarme. Sehr oft fuhr unsere Familie damals noch mit der 52er Dampflok dorthin um das Wochenende zu verbringen. Eines Samstagabends sagte Opa: "So Burli, morgen
fahr ma Hechtenfischen zur Morava, um viere ist Tagwache." In so einer Nacht vor dem Angelausflug ging es mir immer wie einem Jagdhund vor der Jagd: nervös, unruhig, konnte nicht schlafen so groß war die Vorfreude. Ich war damals ca. 10 Jahre alt und ein begeisterter Angler, leider gab es in meinem Heimatort nur einen vertrockneten Bach und ein seichte Schwemm, die jeden Sommer austrocknete, also nix zum fischen.
Endlich war die Nacht vorbei, Opa brauchte mich nicht wecken, ich war schon wach. Mit dem schweren Waffenrad mit Opa am Steuer und ich am Packlträger mit dem blechernen Köderfischwandl samt Ködern in der Hand. Opa hatte seinen grünen Rucksack umgeschnallt, aus denen zwei Angelruten und ein Gaffhaken herausschaute. Nach kurzer Fahrt erreichten wir die Moravka, ein herrlicher Ausstand mit einer Schilfwand am Ufer gegenüber, wo die Hechte wohnten. Opa richtete seine Zeugln her, damals schon zwei gespließte zweiteilige ca. 2,50 m. lang und recht robust, made in Tschechoslowakia, von dort kam der Großteil seiner Ausrüstung. Die grossen Rollen waren von Trixi, Peryl schätz ich 0,70, mächtige Hechtenschwimmer, fetter Karabiner und danach ein Ketterl mit mächtigem Drilling.
Köder aufgefädelt, Platsch, platsch, beide Köder landen 20 cm vor dem Schilf, nach kurzer Zeit erster Biss, Opa rauch sich eine C (Beuschelreisserohne Filter, dafür hat eraber nur ca. 80 pro Tag geraucht!!) an bis zum letzten Ende, schnippte den Tschick ins Wasser und kurbelt einen schönen Hecht herein, anschlagen brauchte er nicht da der Haken während des Rauchens schon bis in den Magen des Hechtes vorgedrungen war. Gegafft, Prügel gesucht, abgeschlagen Hecht Nr. 1war fertig. Das Ketterl mit dem Drilling wurde vom Karabiner abgenommen und erst in der Küche herausoperiert.
Bevor Opa damit beginnen konnte ein neues Vorfach zu montieren, kam der zweite Biss, selbes Prozedere, Hecht Nr. 2 fertig.
"So, Burli, des reicht fürs Mittagessen pock ma zamm und fohr ma ham" sagte der Opa. Die ganze Hechtenanglerei hatte vielleicht eine halbe Stunde gedauert und ich sgte zu Opa: "Können wir nicht noch ein Weilchen bleiben und weiterfischen, bitte Opa!" Wos hätt des fia an Sinn, mia ham zwa schene Fisch und jetzt fohr ma ham." Und so geschah es auch, wir kamen nach Haus, die Fische wurden in der Küche bei Oma abgegeben, die den Rest zu erledigen hatte, inklusive der Rückerstattung der zwei Ketterl mit Drilling.
Zum Unterschied zu heut war der Zweck des Angelns damals schlicht und einfach die erbeuteten Fische zu essen. Die Methoden waren damals natürlich sehr brutal, aber auf den Endzweck ausgerichtet nur damals hat sich niemand Gedanken darüber gemacht, es gab auch zum Unterschied zu heute relativ wenige "Stille Narren", wie man sie damals nannte.
Einige Wochenenden später kamen wir wieder zu Opa, er führte mich in die Garage, dort hing an der Wand eine ca. 4 Meter lange Stipprute aus Bambus, ungeteilt, vorne eine drahtöse angebracht mit rotem Garn, Schnur, einem leuchtend roten "Stoppel", Bleischrot und Haken. In einem ausgedienten Zigarrenkisterl Ersatzteile: Eine Rolle Peryl, eine ausgediente Diabolo-Dose mit Bleischroten zwei Schwimmer. "So Burli," sagte der Opa
"des ghört jetzt dir, die Kinder dürfen jetzt im Reinwasserkanal von der Zuckerfabrik bis zur ersten Schleuse fischen, da kannst di ja jetzt stundnlang
hinsetzn und fischn." Ich glaube bis heute hat mir kein Geschenk soviel Freude gemacht wie mein erstes Zeugl, ab dieser Zeit hab ich einen grossen Teil meiner Schulferien bei Opa und am Kanal verbracht, die erste Schleuse wurde natürlich sehr bald von uns Buben überschritten, dahinter waren die grösseren Fissche. Ich habe wie gesagt sehr viel Zeit in Hohenau verbracht, Opa hatte dann eine Daubelhütte an der Thaya in Rabensburg, ich hatte dann eine an der March bis vor einigen Jahren, der extreme Rückgang an Fischen und die lieben Gegenübernachbarn nach der Grenzöffnung haben mich dann bewogen mit einer Träne im Auge die Hütte zu verkaufen und die Auen meiner Jugend zu verlassen. Ich hoffe, Opa hat einen guten Platz bei unserem Schutzpatron Petrus bekommen, schaut manchmal auf mich herunter und denkt sich" Der Burli sitzt no immer stundenlang am Wasser....
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Re: Wie es früher war

Beitrag von GvonderRinne » 17.01.2020, 15:08

Hi
Ja Fische gegessen habe ich in den 1960er Jahren auch genug.
Wenn ich manchmal in Griechenland bin und die mageren gefritteten Sardinen esse, denke ich mit Wehmut an die gefritteten "Schußlauben" aus der Donau zurück.
20cm große Weißfische (Lauben?), welche in riesigen Schwärmen bei den Steuerrudern der Schleppkähne gestanden sind.
Mit einer Made und Schwimmer konntest in 10 Minuten 10 dicke fangen und die haben im ganzen knusprig gefrittet herrlich geschmeckt.

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Re: Wie es früher war

Beitrag von Kaindlau » 17.01.2020, 16:25

Servus

@GvonderRinne und @peterben Super Gschichtl'n vielen Dank für's reinstellen.

@peterben was war nochmal die Marke "Diabolo" , hilf mir auf die Sprünge :roll:

Petri aus Enns
Der vielleicht letzte klassische Ansitzangler Österreich`s
http://spazio3.com

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Re: Wie es früher war

Beitrag von rob gone fishing » 17.01.2020, 17:13

Kaindlau hat geschrieben:
17.01.2020, 16:25


@peterben was war nochmal die Marke "Diabolo" , hilf mir auf die Sprünge :roll:

Petri aus Enns
er meint die 4,5 mm stamperln fürs luftdruckgewehr, die dose dafür wurde verwendet.

balzer diabolo ruten gibt es aber auch, billig serie.....

super geschichten, vielen dank an alle erzähler!

lg rob

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Re: Wie es früher war

Beitrag von Lupus » 17.01.2020, 17:41

Hallo, die "Austria C" war auch meine Marke.
Ich hatte auch einen "Influencer" dafür, das war mein fischereilicher Mentor im Salzkammergut, ein wilder alter Haudegen mit Reibeisen-Stimme, der von den Einheimischen "Schoas-Anzünder" genannt wurde.
Der weihte mich in die Geheimnisse des Salmonidenfischens im Toplitzsee ein.

Mit seinem Lehrwissen wurde ich selber bald einer der erfolgreichsten Fischer am See bereits als Teenager.

Hier ein Foto von mir ca. 1976, mit meiner alten roten Vollglas-Spinnrute am Toplitzsee früh am Morgen, mit der obligaten "Austria C" in der Pappn als Frühstück
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Re: Wie es früher war

Beitrag von peterben » 17.01.2020, 19:43

Am Weg zum Kanal war auch ein Wirtshaus, Spitzname der Scheisserwirt, warum auch immer, aber zu der Zeit gab es die C noch einzeln im Wirtshaus zu kaufen, hab ich einmal mit Freunden gekauft am Weg zum Wasser, als der Scheisser meint wir seien zu jung zum Rauchen sagte ich:"Die san fürn Opa"
woraufhin er wissend lächelte und uns trotzdem die paar C aushändigte. Heute kann ich sagen dass diese Sorte in jungen Jahren nicht zu empfehlen sind.
Uns ist es dreckig gegangen, der Scheisser wird gelacht haben, aber er hat mich nicht beim Opa verraten!
Aber so wie das Peryl, Ketterlvorfach, und lebende Köderfische sind halt die C auch aus der Mode gekommen.....................

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Re: Der Sinn des Angelns in den 60 iger Jahren

Beitrag von fischerstarter » 24.01.2020, 15:54

Genial Geschichten hier. Macht echt Spaß hier mitzulesen. Sehr interessante Dinge aus einer Zeit die ich so nicht kenne. Danke dafür.

Viele Grüße
Robert

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